April 2019
Künstlerin: Maryna Markova
Weiße Stadt / 2015 / 7-teilig / 30x30 cm
„Weiße Stadt“ in Tel Aviv wurde von jüdischen Architekten erbaut, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 aus Deutschland nach damalige Palästina ausgewandert waren, wo sie mit vielen anderen eine neue Heimat suchten. Die Architekten brachten ihre vom Bauhaus beeinflussten Ideen mit. In Tel Aviv bauten sie in den 1930er und 1940er-Jahren die „Weiße Stadt“- eine nach den Bedürfnissen der Bewohner errichtete, funktionale, an den Fassaden weißgekalkte Utopie eines neuen Zusammenlebens. Seit 2003 wurde „Weiße Stadt“ mit dem Prädikat Weltkulturerbe gewürdigt. In seinem Buch „Sperrzonen. Israels Architektur der Besatzung“ gibt israelische Architekt und Menschenrechtsaktivist Eyal Weizmann einen kurzen Hinweis darauf, dass mit der Erbauung der „Weißen Stadt“ die vorstaatliche Kolonisierung Palästinas beginnt. Das gezeigte Bild gehört zu einer Serie von 7 Arbeiten mit dem Titel „Weiße Stadt“. 6 davon zeigen weiße Fassaden, die mit einem Skalpell in das Papier eingeritzt und mit einem Falzbein eingedruckt sind. Das siebte Bild erzählt in einem von Hand gestanztem Text die ambivalente Geschichte hinter der Fassade: WENIGER IST MEHR
MACHTÜBERNAHME HEIMATLOS FRÜHLINGSHÜGEL PALÄSTINA JÜDISCH EROBERUNG WEISSE STADT |
Weitere Arbeiten von Maryna Markova:
als ob / Maryna Markova, Jörg Mollet (Autoren) / Gestaltung www.gonto.de / edition clandestin 2015
„als ob“ ist ein Bericht über die künstlerischen Aktionen von mir und Jörg Mollet in den ehemaligen von der Sowjetunion besetzten und heute verlassenen Orten Vogelsang, Grabowsee und dem Olympischen Dorf Elstal von 1936. Wir besetzen diese Orte neu mit Artefakten aus den eigenen Erinnerungsräumen, um ihnen eine neue Identität zu verleihen und ihre Geschichte umzuschreiben. Wir hängen an die Wände eines leerstehenden Hauses gerahmte Fotos aus eigenen Familienalben auf, beschriften Wände und Türen mit Zahlen und Namen und schaffen zudem einen Bezug zum Roman „Vielleicht Esther“ von Katja Petrowskaja. Im Vorwort der Publikation „als ob“ beschreibt die Autorin ihre Wiederbegegnung mit vertrauten Namen. „als ob“ erschien als Publikation und Erinnerungsspur der Kunstaktionen „Totem und Tabu“. Slideshow:
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ATOPIA / 2017 – 2018 / Maryna Markova, Jörg Mollet (Künstlerische Projektleitung) / Gestaltung der Publikation www.gonto.de / edition clandestin (Biel/Bienne) /
Atopie bedeutet Irgendwo. Der Begriff ist nicht geläufig, dafür verläuft die Auseinandersetzung, die wir führen, umso spannender. In Zeiten der erfolgreichen Globalisierung bekommt der Begriff überhaupt erst seine eigentliche Bedeutung. Irgendwo heisst, dass vieles möglich ist, es aber nicht darauf ankommt, wo es geschieht. Die Produktion findet heute im Zeitalter der erleichterten Verkehrs- und Kommunikationstechnologie irgendwo statt, heute in Deutschland, morgen vielleicht in Rumänien, übermorgen in einem Sweatshop in Bangladesh, immer da, wo das Kapital günstige Konditionen antrifft. Der Chatroom ist das einleuchtende Beispiel für einen nicht wirklich existierenden Raum, den alle am globalen Chat Teilnehmenden als sehr real erleben. In unserem Alltag sind wir immer noch an distinkte, lokalisierbare Orte gebunden. Aber der Datenraum lässt uns heute gar keine Wahl mehr, als uns auf völlig neue räumliche Verhältnisse einzustellen. In unseren Gedanken, Vorstellungen, Arbeits- und kreativen Möglichkeiten haben wir die Grenzen, die uns an den Raum gebunden haben, längst überschritten und das Weite gesucht. Das Weite im besten Sinn des Wortes, weil alles möglich geworden ist. Das ist mit vielen Bedenken, aber auch grossen Freiheiten verbunden. Wir betreten in unserem Bewusstsein Neuland. Der deutsche Soziologe Helmut Willke hat in seinem Buch „Atopia“ (2001) Vorarbeit geleistet: welchen Einfluss übt das atopische Denken auf uns aus? Wie gehen wir mit der Tatsache um, in einer örtlich ausgeräumten, eben atopischen Welt zu leben? „Wir müssen neu lernen den Raum zu denken“, sagt Marc Augé. Im Projekt ATOPAA konkretisieren wir diese Themenkreise aus künstlerischer Sicht und befragen auch zeitliche Aspekte, wie Geschichtsvergessenheit und Erinnerungsarbeit, aber auch die Konstruktion von Biografie und Identität. Wir vergegenwärtigen Zukunft und zukünftige Gegenwart. In der edition clandestin (Biel/Bienne) erschien im Mai 2018 die Publikation ATOPIA mit Textbeiträgen von Christine Kremers (Berlin), Martin Rohde (Solothurn), Michail Schischkin (Kleinlützel), Aurel Schmidt (Basel) und Kristin Schulz (Berlin) sowie mit Bildteilen, die der Fotograf Andrey Chezhin (St. Petersburg) und die Kunstschaffenden Maryna Markova (Berlin) und Jörg Mollet (Solothurn) beitragen. in Kollaboration mit JAMAL TUSCHICK: http://www.textland-online.de/index.php?article_id=80 http://www.textland-online.de/index.php?article_id=104 http://www.textland-online.de/index.php?article_id=86 |